MUSTERVERTRAG ZUR FINANZIELLEN TEILHABE

Ein standardisierter Vertrag zwischen Anlagenbetreiber und Kommunen: Die Fachagentur Wind und Solar stellt einen Mustervertrag zur finanziellen Teilhabe von Kommunen an Windenergieanlagen bereit. Er erleichtert Anlagenbetreibern die Umsetzung des § 6 EEG 2023, um Gemeinden frühzeitig einzubinden und von der Windenergienutzung vor Ort profitieren zu lassen.

Mit dem § 36k EEG 2021 alte Fassung (a. F.) verabschiedete der Bundestag eine Regelung, die es ermöglicht, Gemeinden im Umfeld neuer Windenergieanlagen finanziell stärker von der Windenergienutzung vor Ort profitieren zu lassen. Die Umsetzung der Regelung ist für die jeweiligen Betreiber freiwillig und erfordert den Abschluss eines entsprechenden Vertrages. Die FA Wind gab hierfür im Juni 2021 einen Mustervertrag heraus. Durch die Novelle des EEG 2021 vom Juli 2021 wanderte die kommunale Teilhabe an Windenergieanlagen in die vollständig neue Regelung des § 6 EEG 2021 neue Fassung (n. F.) und eine erste Aktualisierung des Mustervertrags wurde notwendig. Eine weitere Novelle des EEG und der Regelungen in § 6 EEG wurde im Juli 2022 verkündet und gilt seit dem 1. Januar 2023 (EEG 2023), so dass ein nochmaliges Update des Mustervertrags notwendig wurde. Mit dieser Novelle erfolgte insbesondere eine Erstreckung des § 6 EEG 2023 auf Bestandsanlagen.

Überblick über Mustervertrags-Dokumente

Der Mustervertrag regelt detailliert relevante Aspekte für die Umsetzung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 EEG 2023 für Windenergieanlagen an Land. Erläuterungen zu den einzelnen Paragrafen des Vertrags sowie Informationen zu Hintergründen und relevanten rechtlichen Kontexten des Mustervertrags sind in einem umfangreichen Beiblatt zusammengestellt. Um ein noch früheres Herantreten an die Gemeinde zu ermöglichen, wird zusätzlich eine Selbstverpflichtung als Muster vorgelegt. Diese schafft schon während der Flächensicherung eine Möglichkeit, die Umsetzung der Regelung mit den betroffenen Kommunen zu kommunizieren. 

Entstehung

Für die Entwicklung des Mustervertrags initiierte die FA Wind einen Arbeitskreis mit den kommunalen Spitzenverbänden (DStGB, DST und DLT) und Verbänden der Energiewirtschaft (BDEW, BWE, VKU und WVW). Gemeinsam mit dem Arbeitskreis und mit Unterstützung der Kanzlei Becker Büttner Held (BBH) wurden der Mustervertrag zur Umsetzung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 EEG 2023 sowie das Beiblatt entworfen. 

Ziel

Ziel dieser Initiative ist es, einen möglichst universell anwendbaren und breit von Branche und Kommunen getragenen Mustervertrag zu veröffentlichen, der sich als Standard durchsetzen kann. Zudem soll der Mustervertrag konsensfähige Lösungen für verschiedene Rechtsfragen skizzieren und die rechtssichere Umsetzbarkeit des § 6 EEG 2023 für Windenergieanlagen an Land gewährleisten. Neben der Rechtssicherheit und Umsetzbarkeit stand bei der Entwicklung des Vertrags stets der Normzweck des Paragrafen im Mittelpunkt: Eine finanzielle Beteiligung der Gemeinden, die dazu beiträgt, die Akzeptanz der Windenergieanlagen vor Ort merklich zu verbessern.

Der veröffentlichte Mustervertrag stellt einen gegenwärtigen Stand dar, soll aber vor dem Hintergrund von Umsetzungserfahrungen ständig reflektiert und gegebenenfalls an praktische Bedarfe, Erfordernisse sowie an zu erwartende Konkretisierungen im EEG angepasst werden. Hinweise hierzu bitte an .

Bei der Lektüre und Anwendung des Mustervertrags ist zu berücksichtigen, dass sich dieser und das Beiblatt ergänzen und immer nebeneinander gelesen werden sollten.

Da es bei der Umsetzung des § 6 EEG 2023 wesentlich um die Wahrnehmung vor Ort geht, spielt zudem das Thema Kommunikation eine entscheidende Rolle. Spezifische Herausforderungen und Kernelemente angemessener Kommunikation werden von der FA Wind in einer Handreichung bündig skizziert.

FAQ zum Mustervertrag

Regelmäßig erhält die Geschäftsstelle der FA Wind und Solar Anfragen in Zusammenhang mit dem Mustervertrag zur kommunalen Teilhabe sowie zur Rechtsauslegung von § 6 Abs. 1 Nr. 1 EEG 2023. Um wiederholt an uns adressierte Fragen aufzugreifen, und einigen Anfragen vorzugreifen, wurden häufig gestellte Fragen gesammelt und beantwortet.

Stand: 28. Januar 2025

Unter § 6 Abs. 1 Nr. 1 EEG 2023 fallen folgende Windenergieanlagen:

 Gebotstermin mit Zuschlag oder InbetriebnahmeInstallierte Leistung von mehr als…
Neuanlagennach 31.12.20221.000 kW
„ältere“ Bestandsanlagen [1] mit oder ohne Zuschlagvor 1.1.20211.000 kW
„neuere“ Bestandsanlagen [2] mit oder ohne Zuschlagnach dem 31.12.2020 und vor dem 1.1.2023750 kW


Zur Erläuterung:

Auch bei Neuanlagen ist nach § 6 Abs. 2 Satz 1 EEG 2023 die Anwendung der Regelung nicht an einen Zuschlag gebunden.[3] Dies gilt auch für Bestandsanlagen mit Inbetriebnahme oder Zuschlagserteilung vor dem 1. Januar 2023 aufgrund der „Oder-Verknüpfung“ in § 100 Abs.  1 Nr.  1 b) und in § 100 Abs.  2 Satz 1 EEG 2023. Damit wird die Anwendung von § 6 EEG 2023 auch für Bestandsanlagen ohne Zuschlag geöffnet. Diese Interpretation wird auch gestützt durch die Clearingstelle EEG | KWKG und ihre Auslegungshilfe des Runden Tisches zur Anwendung von § 6 EEG 2023.[4]

 

[1] Dies ergibt sich aus § 100 Abs. 1 EEG 2023.

[2] Dies ergibt sich aus § 100 Abs. 2 EEG 2023.

[3] Im EEG 2021 war dies noch anders und Anlagen in der sonstigen Direktvermarktung waren von der Umsetzung des § 6 EEG 2021 ausgeschlossen.

[4] Clearingstelle EEG | KWKG (2024), Auslegungshilfe des Runden Tisches zur Anwendung von § 6 EEG 20231 – Finanzielle Beteiligung der Kommunen am Ausbau von Wind- und Freiflächenanlagen, S. 3.

Für folgende Strommengen aus Windenergieanlagen kann eine Zuwendung nach § 6 EEG 2023 gemacht werden. Für einige gibt es eine Rückerstattungsmöglichkeit vom Netzbetreiber:

 Zuwendung nach § 6 EEG 2023 möglichRückerstattung vom Netzbetreiber möglich
Tatsächlich eingespeiste, nach EEG vergütete (bzw. geförderte) StrommengenJaJa
Fiktive Strommengen [5]Ja [6]Ungeklärt [7]
Nicht geförderte Strommengen (in Zeiten, in denen der Strom ohne Inanspruchnahme einer EEG-Vergütung veräußert wird, die sog. „sonstige Direktvermarktung“[8])JaNein
Strommengen, die in Zeiten negativer Strombörsenpreise keine EEG-Vergütung erhalten (hierbei handelt es sich ebenfalls um nicht geförderte Strommengen)JaNein
Strommengen, für die zwar ein Anspruch auf EEG-Vergütung besteht, aber aufgrund hoher energieträgerspezifischer Marktwerte (ermittelt an der Strombörse) zeitweilig keine EEG-Vergütung ausgezahlt wird (hierbei handelt es sich ebenfalls um nicht geförderte Strommengen)JaNein

 

[5] Die fiktiven – sprich nicht erzeugten – Strommengen werden in Anlage 2 Nr. 7.2 zum EEG 2023 definiert.

[6] Nur zulässig für Windenergieanlagen an Land, ausgeschlossen bei Solaranlagen.

[7] Nach einer weiten Auslegung geht der Arbeitskreis davon aus, dass auch bei fiktiven Strommengen eine Rückerstattung gegeben ist. Siehe hierzu nähere Ausführungen auf S. 9 f. im Beiblatt zum Mustervertrag. Eine gesetzgeberische Klärung steht jedoch aus; siehe hierzu insbesondere Clearingstelle EEG | KWKG (2024), Auslegungshilfe des Runden Tisches zur Anwendung von § 6 EEG 20231 – Finanzielle Beteiligung der Kommunen am Ausbau von Wind- und Freiflächenanlagen, S. 7.

[8] Diese Vermarktungsform ist Voraussetzung, um den Strom und dessen Grünstromqualität im Rahmen eines langfristigen Liefervertrags, sog. Power Purchase Agreement (kurz PPA), an einen (industriellen) Energieverbraucher direkt zu veräußern – statt ihn an der Börse zu vermarkten.

Ja, ein Ausschluss von Zahlungen für Strommengen, die vom Netzbetreiber nicht erstattet werden[9], ist möglich.

Aus Sicht der FA Wind und des am Mustervertrag beteiligten Arbeitskreises[10] sind bei einem vertraglichen Ausschluss nicht erstattungsfähiger Zahlungen betriebswirtschaftliche Gründe und mögliche Einschränkungen der positiven Akzeptanzwirkungen gut miteinander abzuwägen. Der Normzweck des § 6 EEG 2023, also die Akzeptanzsteigerung vor Ort, sollte stets im Blick behalten werden.

Zur Erläuterung:

Werden Zahlungen für Strommengen, die vom Netzbetreiber nicht erstattet werden, vertraglich ausgeschlossen, bedeutet dies, dass in gewissen Zeiten keine Zahlungen an die Gemeinde fließen. Konkret betrifft dies folgende Anwendungsfälle:

  • Zeiten, in denen die Preise an der Strombörsen höher sind als die Vergütungshöhe, die der Betreiber in der Ausschreibung für den Strom seiner Anlage garantiert bekommt – der Börsenpreis liegt also über der EEG-Vergütung der Windenergieanlage. Im Hinblick auf den Normzweck – nämlich die Förderung der Akzeptanz vor Ort erscheint ein Ausschluss dieser Strommengen kritisch; schließlich ist der Betreiber in diesen Zeiten betriebswirtschaftlich grundsätzlich bessergestellt als angenommen.
  • Zeiten, in denen die Strompreise an der Börse anhaltend negativ i. S. d. § 51 EEG 2023 sind. An der Stromproduktion in diesen Stunden verdient der Betreiber weniger als ursprünglich angenommen. Daher kann es im Einzelfall aufgrund von gestiegenen Projektkosten und Zinsen für Anlagenbetreiber aus betriebswirtschaftlichen Gründen erforderlich sein, diese Strommengen von den Zahlungen auszuschließen, um die wirtschaftliche Realisierbarkeit von Projekten nicht zu gefährden.[11]

 

[9] Siehe hierzu § 6 Abs. 5 EEG 2023

[10] Siehe Fn. 4.

[11] Der zeitliche Umfang negativer Preise, damit verbundener Einnahmeausfälle und somit auch potenzieller Einnahmeausfälle für die Kommunen ist zurzeit relativ gering Eine Auswertung der Stunden ohne Vergütungsanspruch aufgrund negativer Strompreise ergibt für das Jahr 2021 117 Stunden, für 2022 59 Stunden und im ersten Halbjahr 2023 62 Stunden, siehe netztransparenz.de

Grundsätzlich ja.
Zwar fordert der Wortlaut des Gesetzes die Betreiber von Windenergieanlagen zur Umsetzung des Instruments auf („…Anlagenbetreiber sollen…“). Letztlich erfolgen die Zuwendungen aus § 6 EEG 2023 jedoch auf freiwilliger Basis. Gemeinden haben keine formelle Möglichkeit, Betreiber zum Abschluss eines entsprechenden Vertrags zu „überreden“ bzw. einen entsprechenden Vertragsabschluss einzufordern. Dennoch können Gemeinden Betreiber darauf aufmerksam machen, dass es die Regelung des § 6 EEG 2023 gibt und darauf basierende Zahlungen in weiten Teilen für den Betreiber kostenneutral sind.[12]

 

[12] Siehe hierzu in der Tabelle unter Ziffer 2.

Ja.
Eine Zweckbindung durch den Vertrag mit dem Betreiber bzw. von Seiten des Betreibers ist rechtlich unzulässig. Dies bedeutet, die Zahlungen können grundsätzlich auch zur Schuldentilgung des Haushalts genutzt werden. Ausschlaggebend für die Mittelverwendung ist das kommunale Landesrecht.

Am Mustervertrag wurde bei der Überarbeitung zum 8. Januar 2025 lediglich eine Änderung vorgenommen. Gestrichen wurde aus der Vorgängerversion des Mustervertrags (FA Wind 2023): „§ 10Verhältnis zu anderen Pflichten“ „Die Zahlungspflichten des Betreibers nach diesem Vertrag lassen andere Zahlungspflichten des Betreibers an die Gemeinde […], insbesondere landesrechtliche Zahlungspflichten von Windenergieanlagenbetreibern an die Gemeinden, unberührt.“[13]

 

[13] Weitere Informationen dazu: Fachagentur Wind und Solar (Stand 08. Januar 2025): Beiblatt zum Mustervertrag zu § 6 EEG 2023, S. 13 f.

Ansprechperson

Portrait Frank Sonderhaus
Frank Sondershaus
Referent Beteiligung und Akzeptanz