EnergieparkWahlheim_GVOMEDIA_wind_pv_Abo_Energy
Publikation
Wind

# Themen Genehmigung, Landschaftsbild, Natur- und Artenschutz

Datum der Entscheidung 24.09.2021

Stand der Bearbeitung Mai 2022

Entscheidungsbesprechung

Aktenzeichen 12 ME 45/21

Rechts-/Themengebiet Genehmigungsverfahren, Natur- und Artenschutz

  1. ….
  2. § 63 BImSchG n. F. findet auch auf zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens bereits erhobene Widersprüche Anwendung, wenn ihnen zu diesem Zeitpunkt – und sei es auch nur als Folge einer vor der Rechtsänderung bekanntgegebenen behördlichen Anordnung der sofortigen Vollziehung – keine aufschiebende Wirkung mehr zukommt.
  3. Vermag der Beschwerdeführer einer Darlegungsbeschwerde eine entscheidungstragende Argumentation des Verwaltungsgerichts zu entkräften, ist zwar grundsätzlich von Amts wegen zu prüfen, ob sich die erstinstanzliche Entscheidung aus anderen als den ihr beigegebenen Gründen als richtig erweist. Diese Prüfung führt aber in gerichtlichen Verfahren über Darlegungsbeschwerden, die dem Umwelt- Rechtsbehelfsgesetz unterfallen, nicht stets zu einer umfassenden obergerichtlichen Kontrolle des angefochtenen Verwaltungsaktes.
  4. Die gerichtliche Prüfung der Selbstbindung an den nds. Artenschutzleitfaden kann im Grundsatz erst (nachrangig) dort einsetzen, wo allgemein anerkannte fachliche Erkenntnisse in solchem Maße fehlen, dass sich die Verwaltungsgerichtsbarkeit auf eine Plausibilitätskontrolle beschränken darf, und diese Kontrolle dazu geführt hat, dass der artenschutzfachliche Standpunkt der Behörde gerichtlich als plausibel zu akzeptieren ist.
  5. Es ist nicht richtig, unabhängig von ihrem Urheber oder Einsender alle der Behörde vorliegenden Unterlagen, insbesondere auch Sachverständigengutachten, die nicht zu den Antragsunterlagen zählen, für nach § 10 Abs. 1 Satz 2 der 9. BImSchV auslegungspflichtig zu halten, sofern sie einen Beitrag zur Beurteilung der im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren entscheidungserheblichen Sachverhalte leisten.
  6. Es gibt keine feste Beweisregel, nach der die Frage, ob dem Vorhaben der Errichtung und des Betriebs einer über 200 m hohen Windenergieanlage der öffentliche Belang einer Verunstaltung des Orts- und Landschaftsbildes (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) entgegensteht, nur auf der Grundlage einer „bestmöglichen Visualisierung“ beurteilt werden könnte.
  7. Die Grenzen der richterlichen Kontrolle naturschutzfachlicher Risikoabschätzungen der Genehmigungsbehörde entfalten bereits im gerichtlichen Eilverfahren eine Filterfunktion, die zu einer weitgehenden rechtlichen Unerheblichkeit gerade solcher naturschutzfachlichen Kontroversen führt, die noch nicht abschließend ausgetragen sind. (amtliche Leitsätze)
  8. Eine Abweichung vom Regelfall des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB scheidet nicht von vornherein aus, wenn die Rotoren einer WEA Grenzen eines Vorranggebietes geringfügig überschreiten, und diese überschrittene Grenze des Vorranggebietes von keinem harten Tabu getragen wird. 

(redaktioneller Leitsatz)