Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat im Oktober 2018 neue Leitlinien für die Bewertung von Umgebungslärm veröffentlicht. Die Leitlinien beruhen auf der Kenntnis, dass Lärmbelastungen zu den umweltbedingten Gefahren für die physische und psychische Gesundheit zählen. In dem Dokument, das den Ländern in der Europäischen Region und maßgeblichen Interessengruppen am 10. Oktober 2018 in Basel offiziell präsentiert wurde, benennt die WHO Lärmpegel, ab denen gesundheitliche Auswirkungen drohen. Sie rät darüber hinaus für verschiedene Lärmquellen zu Maßnahmen zur Minderung der Belastungen. Bei der Ausarbeitung der Empfehlungen kam erstmals ein umfassender und strikter methodischer Rahmen zur Anwendung. Leider ist jedoch die Datenbasis für die Beurteilung der Windenergienutzung unzureichend.
Die WHO empfiehlt für Windparks eine durchschnittliche Lärmbelastung von maximal 45 Dezibel (dB). In Deutschland geltendes Recht sieht hingegen Lärmschutzwerte von 45 dB als Maximalbelastung in der Nacht und 55 dB am Tag für Allgemeine Wohngebiete vor. Wir schätzen die Rolle der Weltgesundheitsorganisation für so maßgeblich ein, dass wir Hinweise ihrerseits zu möglichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen von Schallimmissionen durch WEA für den politischen Diskurs kommentieren möchten. Erst im Juli 2019 hat sich mit dem Umweltbundesamt (UBA) eine namhafte Organisation in Deutschland zu Wort gemeldet und die WHO-Leitlinien in einen gesamtfachlichen Zusammenhang gestellt. In dem Positionspapier des UBA wird deutlich, dass „die akustischen Charakteristiken von Windenergieanlagen (An- und Abschaltung in Abhängigkeit von Windstärke, Tageszeiten; und Windrichtung) zur Folge haben, dass ein durchschnittlicher gewichteter Dauerschallpegel L den nur begrenzt in der Lage ist, die möglichen gesundheitlichen Auswirkungen von Lärm durch Windenergieanlagen angemessen abzubilden.
Das vorliegende Hintergrundpapier arbeitet die Thematik mit einem Problemaufriss und einer Literaturanalyse der wichtigsten Aufsätze und Forschungsergebnisse auf. Während das UBA-Positionspapier verbal- argumentativ vorgeht, war es unser Ziel, mit wissenschaftlichen Berechnungen zu überprüfen, ob es starke Abweichungen zwischen den WHO-Empfehlungen und der aktuellen immissionsschutzfachlichen Praxis gibt. Beide Papiere kommen dabei zur selben Einschätzung und bestätigen der deutschen Praxis ein hohes Schutzniveau.
Dieses Hintergrundpapier soll zur fachlichen Bewertung der WHO-Leitlinien aus Sicht von renommierten Schallgutachtern einen weiteren Beitrag leisten. Ziel ist es, möglichen Verunsicherungen von lokalen Anwohnern konstruktiv begegnen zu können.
Autoren des Papiers sind: Bernd Neddermann, Sabine Schulz und Friedrich Wilts von der UL International GmbH (ehem. DEWI-Deutsches Windenergie-Institut).