Beim Ausbau der Windenergie an Land können Konflikte mit dem Artenschutzrecht auftreten, insbesondere mit den in §44 BNatSchG normierten Zugriffsverboten. Die Umsetzung von Vermeidungsmaßnahmen kann dem Eintreten von Verbotstatbeständen entgegenwirken und die rechtssichere und umweltverträgliche Umsetzung von Projekten ermöglichen. Im vorliegend Katalog werden Vermeidungsmaßnahmen aus internationaler und nationaler Literatur sowie den Artenschutzleitfäden der Länder – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – zusammengetragen und beschrieben. Die Anwendung der Maßnahmen in der Praxis wurde stichprobenartig im Rahmen von Experteninterviews abgefragt. Auch wird die Rechtsprechung, soweit zu den einzelnen Maßnahmen vorhanden, in der Studie berücksichtigt. Bei den Maßnahmen bleibt jeweils zu prüfen, ob sie im Einzelfall tatsächlich dazu führen, dass der Tatbestand der Zugriffsverbote nach §44 BNatSchG nicht verwirklicht wird Keineswegs haben sich alle aufgeführten Maßnahmen bereits als praxistauglich erwiesen oder sind erprobt.
Vermeidungsmaßnahmen finden vor allem auf der Genehmigungsebene Anwendung. Eine Ausnahme bildet die großräumige Standortwahl, das sogenannte Macrositing. Die Standortwahl ist die Grundlage einer naturverträglichen Windenergienutzung. Sie wird weitestgehend gesteuert, indem Konzentrationsflächen für die Windenergienutzung in konfliktarmen Gebieten auf der Ebene der Regional- oder Flächennutzungsplanung ausgewiesen werden.
Innerhalb der für die Windenergienutzung ausgewiesenen Flächen dient die räumliche Anordnung der Windenergieanlagen (WEA), das sogenannte Micrositing, de kleinräumigen Optimierung des Standorts. So kann beispielsweise die Gefahr von Kollisionen reduziert werden, indem durch das Freihalten von Flug- oder Zugkorridoren eine Barrierewirkung vermieden wird.
Eine weitere Möglichkeit zur Konfliktminimierung besteht in der Anpassung der Anlageneigenschaften. Mit der Gestaltung des Turms oder der Farbgebung einzelner Bauteile kann beispielsweise eine bessere Wahrnehmung der Anlagen erreicht werden. Die Anlagenhöhe und das räumliche Ausmaß des rotorfreien Bereichs können artspezifisch unterschiedliche Einflüsse auf das Kollisionsrisiko haben.
Weitere Maßnahmen, die nicht Standort, Anlageneigenschaften oder Betriebsführung betreffen, müssen spätestens zur Inbetriebnahme der WEA ihre Wirksamkeit entfalten. Nur dann wird das gesetzte Ziel, einen Verbotstatbestand zu vermeiden, erreicht. Für einige Maßnahmen gilt daher eine frühzeitige, vorgezogene Realisierung.
Mit der Gestaltung des unmittelbaren Anlagenumfelds soll der Anlockung von Tieren, insbesondere von Greifvögeln, entgegengewirkt und damit das Kollisionsrisiko gesenkt werden. Unter den Windrädern kann di Flächenbewirtschaftung beispielsweise so abgestimmt werden, dass Greifvögel kein attraktives Jagdhabitat vorfinden. Zu dem Zweck werden Anpflanzungen ausgewählt, die im Aktivitätszeitraum der Art den Boden schlechter einsehbar machen und damit die Attraktivität der Fläche als Jagdhabitat mindern. Zudem werden in der Regel keine Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, die zu einer Attraktivitätssteigerung führen können, im Umfeld von WEA umgesetzt.